"Montage - meine schöne Sorge"

Filmvortrag von Gabriele Voss


 

 

 

 

Zu der LXXI.|71.Veranstaltung
der Reihe Personen Projekte Perspektiven
Freitag, den 19.November 2010 um 20 Uhr
laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein

 

 

 

 

 

Atelierhaus
- Alte Schule -
Äbtissinsteig 6
Essen-Steele

 

 

 

 

"Montage - meine schöne Sorge"
Filmvortrag von Gabriele Voss

 

 

 

"Montage – meine schöne Sorge" heißt ein Text, den J.-L.Godard für die Cahiers du Cinéma 1956 geschrieben hat. Aus diesem kleinen, aber epochalen Text ( in dem die Inszenierung mit dem Blick und die Montage mit dem Herzschlag assoziiert wird) werden wir am 19.November etwas vorlesen. Es ist unsere Hommage für Godard, der am 3. Dezember 80 Jahre alt wird. Und indem Gabriele Voss nun den Titel Godards für ihren Vortrag  verwendet, bezeugt sie auch ihre Wertschätzung. Darüber hinaus finden sich in den Reflexionen Godards Bezugspunkte für ihre eigenen Gedanken zur Montage.

 

Gabriele Voss wird uns ihr  Buch Schnitte in Raum und Zeit  Notizen und Gespräche zu Filmmontage und Dramaturgie (gerade in der 2. Auflage erschienen) vorstellen und aus ihrem gleichnamigen Film Ausschnitte zeigen. So werden  uns die Möglichkeiten, Gemeinsamkeiten und Differenzen der beiden Medien (Buch und Film) vor Augen und Ohren geführt. Und wir werden nachvollziehen können, was Gabriele Voss über die Montage sagt: " Filmschnitt findet meist im Verborgenen statt. Zehn Einstellungen bieten mehr als drei Millionen Möglichkeiten der Kombination. Beim Dokumentarfilm wird die Erzählstruktur oftmals erst am Schneidetisch gefunden. Es geht um Rhythmus, kompositorisches Denken, um den sensiblen Umgang mit Raum und Zeit, aber auch Körper und Sprache... Am Ende der Arbeit steht ein fertiger Film – das Resultat einer konzentrierten Arbeit über Wochen und Monate hinweg. Montage ist der zentrale Prozess, in dem letztlich über alle Elemente eines Films entschieden wird."

 

 
 

Kurzvita: Gabriele Voss

(Jg.1948) Promotion über Wahrnehmungstheorie und Ästhetik. Seit 1972 Filmarbeit für Kino und Fernsehen, überwiegend in Zusammenarbeit mit Christoph Hübner. Arbeitsschwerpunkte: Buch, Dramaturgie, Montage.

Auszeichnungen u.a.: Adolf Grimme Preis 1980, Special Award FFA Paris 1990, Kunstpreis der Stadt Witten, Verdienstorden des Landes NRW.

Eine ausführliche Bio-/Filmografie ist dieser Einladung beigefügt.

 

 

  

 

Atelierhaus -Alte Schule- Äbtissinsteig 6  45276 Essen-Steele
Tel.+Fax 0201/515592 - E-Mail doris.schoettler-boll@atelierhaus-essen.de - www.atelierhaus-essen.de
KUNSTRAUM - ALTE SCHULE - e.V.
Wir danken dem Kulturbüro der Stadt Essen und den Freunden des Atelierhauses
für die freundliche Unterstützung dieser Veranstaltungsreihe.

 

 

 

Bio-/Filmografie
Gabriele Voss


geboren in Hagen/Westfalen, Theaterarbeit in Heidelberg und München, Promotion Dr. phil. über Wahrnehmungstheorie und Ästhetik. Seit 1972 Filmarbeit, überwiegend in Zusammenarbeit mit

Christoph Hübner. Seit 1978 im Ruhrgebiet, Mitbegründung des RuhrFilmZentrums und des Filmbüros NRW. Arbeitsschwerpunkte: Buch, Dramaturgie und Montage. Neben der Filmarbeit seit 1975 verschiedene  Veröffentlichungen, zahlreiche Dozenturen und Lehraufträge.

 

Veröffentlichungen u.a.:

"Die Kunst, die Welt zu zeigen" , Campus Verlag, Frankfurt/New York 1980; "Die Öffentlichkeit zu Gast", in: ‘Bilder, die wir uns nehmen`, Dokumentation 5. Duisburger Filmwoche, Duisburg 1981; "Der zweite Blick", Verlag Ästhetik und Kommunikation, Berlin 1983; "Zwischen Avantgarde und Kommerz",  in: ‘Würde oder das Geheimnis eines Lächelns’, eFeF Verlag Zürich/Dortmund 1990; "Dokumentarisch Arbeiten - 7 Gespräche über den Dokumentarfilm" , (Hrsg.), Verlag Vorwerk 8, Berlin 1996; "Der Monteur als Platzanweiser", in: ‘Schnitt’, Bochum, Okt. 1998; "Wo bleibt die Arbeit? Oder das Lächeln von Sophia  Loren", in: ‘Poesis’, hrsg.von Rudolf zur Lippe, Schneider Verlag Hohengehren,  Baltmannsweiler 1998. "Ins Offene - Dokumentarisch Arbeiten II - 6 Gespräche über den Dokumentarfilm", (Hrsg.), Verlag Vorwerk 8, Berlin

2000; "Schnitte in Raum  und Zeit",  Verlag Vorwerk 8, Berlin 2006

 

Auszeichnungen u.a.:

Adolf Grimme Preis 1980, Special Award FFA Paris 1990, Kunstpreis der Stadt Witten, Verdienstorden des Landes NRW

 

 

 

Filme (zus. mit Christoph Hübner):
 
1978                 Lebens-Geschichte des Bergarbeiters Alfons S.
                        16 mm, s/w, 8 Teile, gesamt 256 Min.
 
1979-83             PROSPER-EBEL / CHRONIK EINER ZECHE UND
                        IHRER SIEDLUNG:
1981                 Frauen-Leben (zus. mit Christa Donner)
                        16 mm, s/w, 45 Min.
1981                 Die Einwanderer
                        16 mm,  s/w, 82 Min.
1983                 Inmitten von Deutschland
                        16 mm, s/w und Farbe, 82 Min. & 11o Min.
 
1989                 Ilse Kibgis, Gelsenkirchen, Gedichte
                        16 mm, Farbe,  30 Min.
 
1988/89            Vincent van Gogh - Der Weg nach Courrières
                        35 mm, Farbe, 91 Min.
 
1993/94            Anna Zeit Land
                        16 mm, Farbe, 101 Min.
 
1994/95            Dokumentarisch arbeiten
                        6 Folgen à 60 Min, Beta SP, Farbe & s/w,.
 
1997/98            Dokumentarisch arbeiten II
                        3 Folgen à 60 Min. Beta SP, Farbe & s/w,
 
 
 
1995-98            PROSPER-EBEL/CHRONIK EINER ZECHE UND
                        IHRER SIEDLUNG II:
1998                 Das Alte und das Neue, Beta SP, Farbe & s/w, 83 Min.
1998                 Binary File 692, Beta SP, Farbe, 4’30 Min.

 

2000                 Dokumentarisch arbeiten III
                        3 Folgen à 60 Min., Beta SP, Farbe & s/w,
 
2000                 Wagner // Bilder
                        experimentelle Doppelprojektion mit Live-Orchester,
                        Beta SP, Farbe, 72 Min.
 
1998-2003         Die Champions
                        Dokumentarfilm über junge Fußballer bei Borussia Dortmund,
                        35mm, Farbe, 124 Min.
 
2004/05            Dokumentarisch arbeiten IV
                        3 Folgen à 60 Min. Beta SP, Farbe & s/w                       
 
2005                 Schnitte in Raum und Zeit
                        Film zum gleichnamigen Buch, Beta SP, Farbe, 74 Min.
 
2006                 Thomas Harlan / Wandersplitter
                        Dokumentarfilm, Beta SP, Farbe, 96 Min.
 
2009                 HalbZeit
                        Dokumentarfilm, 35mm, Farbe, 100 Min.
                        (Fortsetzung des Films Die Champions)
 
2006-2010         Emscher-Skizzen
                        40 Kurzfilme zwischen 2 Min. und 30 Min., Farbe
 

 

 Rezension

Gabriele Voss


Schnitte in Raum und Zeit
Notizen und Gespräche zu Filmmontage und Dramaturgie

Vorwerk-Verlag 2006

 
Notizen und Gespräche zu Filmmontage und Dramaturgie

 
Um es gleich zu sagen, ich bin begeistert, ich mochte das Buch sehr. Und das nicht nur, weil es eine Tür öffnet zu diesem verborgenen Raum, Menschen zu Wort kommen lässt, die dort arbeiten und die sonst eher im Hintergrund stehen. Mir gefällt auch die Machart des Buches. Die Art, wie die verschiedenen Notizen, Gedanken, Interviews zu einem virtuellen Gespräch verwirkt werden, und die mich an Fechner-Filme erinnert.

„Der Schneideraum ist tatsächlich ein verborgener Ort. Der Schneideraum ist ein Ort im Abseits. Hier wird der Film am Material und im Material komponiert. Hier wird er zum ersten Mal aufgeführt, wird sichtbar, spürbar und hörbar. Doch es ist eine nicht-öffentliche Erstaufführung. Im Filmgewerbe, das so irrsinnig auf Öffentlichkeit scharf ist und sich selbst ganz gut darzustellen vermag, bildet die Arbeit im Schneideraum das Kontrastprogramm: Er ist fast der einzige nicht-öffentliche Ort im filmischen Schaffensprozess. Hier wird man ehrlich. Hier geht es um die Sache selbst. Hier zählt, was wirklich im Material drin ist. Hier gibt es nur den Film. Sonst nichts. Ein solcher Ort muss Menschen, die sich dort wohlfühlen, nicht lautlos machen. Es liegt auch an den Schnittmenschen. Sie sind von den Filmmenschen die Stillen im Lande. Diejenigen, die den Film zum Sprechen bringen, die ihm Ausdruck und Artikulation verleihen, artikulieren sich selbst nur ungern. Es scheint ihnen zu genügen, im Schneideraum etwas zu sagen zu haben.“
Gerhard Schumm, in Schnitt

                                                                                                          www.schnitt.de


Die Autorin, selbst Filmemacherin und Cutterin, beschreibt die Arbeit im Schneideraum, des Sichtens und der Montage. In Interviews mit zwölf Kolleginnen und Kollegen zeigt sie, wie unterschiedlich die Einzelnen bei der Bearbeitung des Filmmaterials vorgehen, vor allem wie unterschiedlich sie mit Raum und Zeit im Film umgehen. Alle jedoch beschreiben, dass Montage dramaturgische Arbeit ist und dass der Montageprozess ein Findungsprozess ist, für den man Kreativität und Intuition braucht.

Das Buch umfasst drei große Abschnitte, die sich überwiegend mit dem Bereich Dramaturgie und schnitt im Dokumentarfilm befassen. Besonders gelungen ist, dass die Autorin das Prinzip des Montierens auf verschiedenste Weise in ihr Buch überführt: Im ersten Teil montiert sie ihre eigenen Gedanken aus Notizbüchern, die sie über Jahre hinweg verfasst hat. Der zweite Teil besteht aus Gesprächen mit dem Hirnforscher Wolf Singer über das Sehen, Hören und Wahrnehmen und mit dem Filmemacher und Autor Alexander Kluge über das Narrative und die Kategorie Zusammenhang. Im dritten Teil des Buches hat die Autorin aus ihren Gesprächen mit anderen Editoren ein virtuelles Gespräch, einen fiktiven Dialog, montiert. Sie hat mit Filmemachern und Cuttern wie Peter Przygodda, Thomas Giefer, Heide Breitel, Mathilde Bonnefoy, Wolfgang Widerhofer, Barbara Hennings, Raimund Barthelmes, Beate Mainka-Jellinhaus, Elfi Kreiter, Brigitte Kirsche, Bettina Böhler sowie dem Tonmischmeister Stephan Korte gesprochen. Die Gespräche kreisen um Themen wie den Bezug zum Zuschauer, um Dramaturgie, den Umgang mit dem Material, das Finden der Erzählung, um Rhythmus, Atem und Emotion, um das Setzen der konkreten Schnittstelle, um die Arbeit mit Raumblöcken und Zeiteinheiten, um die Vielfalt des Tons, um Filmschnitt und Computerschnitt – um Chaos und Ordnung.

Gabriele Voss’ Buch hat nichts mit der Kochbuchliteratur, von der es gerade im Filmbereich wimmelt, gemein: Keine Rezepte, kein Regelwerk, sondern viele verschiedene Blicke und Perspektiven ahierarchisch, gedanklich nebeneinander gestellt. Ein Buch, das neugierig macht auf die Montage und die Monteure.

                                                                                                                                                  www.filmtutorial.de


 

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