Intensive Existenz, Radikalität, Gewalt

Avantgardistisch-politische Aktionen um 1968

Vortrag von Thomas Hecken


Zu der XLVI. Veranstaltung der Reihe
Personen Projekte Perspektiven
Freitag, den 13. April 2007 um 20 Uhr
laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein

Atelierhaus
-Alte Schule-
Äbtissinsteig 6
Essen-Steele


(PPP 46)


Intensive Existenz, Radikalität, Gewalt. Avantgardistisch-politische Aktionen um 1968

Der Vortrag führt zurück in die Zeit von 1968, um die in letzter Zeit wieder stark diskutierte Nähe oder Ferne des gewalttätigen politischen Radikalismus der siebziger Jahre zur außerparlamentarischen Opposition und zu subversiv-avantgardistischen Gruppen (Provos, Kommune I etc.) zu beleuchten. Vielfältige direkt politische Gründe, aber auch starke Bemühungen um eine intensive Lebensweise, bei der in kleineren Gruppen die Trennung zwischen Privatem und Öffentlichem aufgehoben werden sollte, spielten hier eine eminent wichtige Rolle. Verstärkend hinzu kam noch die ältere avantgardistische Leitlinie, die Grenze von Kunst und Leben aufzuheben.
Ausgangspunkt des Vortrags wird ein Brandanschlag auf zwei Frankfurter Kaufhäuser sein, der im April 1968 von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorward Proll und Horst Söhnlein verübt worden ist. Historische Bedeutung kommt dem Anschlag zu, weil die Kaufhaus-Brandstiftung im Auge des historischen Betrachters evtl. einen zentralen Stellenwert einnehmen und den Umschlagspunkt von der verbalen zur späteren tödlichen politischen Gewalt markieren kann. Spitzt man den Gedanken zu, führt ein gerader Weg von den Berliner Aktivisten und Kommunarden der Jahre nach 1964 bis zu den Attentaten der Jahre 1972ff. Trotz des auf den ersten Blick schlagenden Beweises der persönlichen Kontinuität - mit Ensslin und Baader als dessen Kronzeugen - kann die weitreichende These aber keineswegs bereits als gesichert gelten; zuvor muss erst die Frage überprüft werden, ob die Identität der Handelnden nicht verschiedene Motive und Handlungsprinzipien oder unterschiedliche Aktionsformen überdeckt. Im Zuge dieser Rekonstruktion soll ein vielfältiges Bild der Kommune und Boheme-Szene um 1968 entstehen, ihrer Bemühungen, ein intensives Leben mit politischer Radikalität und künstlerischen Entgrenzungsversuchen zu verbinden.

Dr. Thomas Hecken
Privatdozent für Deutsche Philologie an der Ruhr-Universität Bochum
Veröffentlichungen zuletzt: »Gegenkultur und Avantgarde 1950-1970. Situationisten, Beatniks, 68er«, Tübingen 2006; »Populäre Kultur. Mit einem Anhang ›Girl und Popkultur‹«
Bochum 2006; »Avantgarde und Terrorismus. Rhetorik der Intensität und Programme der Revolte von den Futuristen bis zur RAF«, Bielefeld 2006; »Theorien der Populärkultur. Dreißig Positionen von Schiller bis zu den Cultural Studies«, Bielefeld 2007 (Transcript Verlag, erscheint im August).


Atelierhaus -Alte Schule- Äbtissinsteig 6 45276 Essen-Steele
Tel.+Fax 0201/ 515592 e-mail doris.schoettler-boll@t-online.de www.atelierhaus-essen.de
KUNSTRAUM - ALTE SCHULE - e.V.
Wir danken dem Kulturbüro der Stadt Essen und den Freunden des Atelierhauses
für die freundliche Unterstützung dieser Veranstaltungsreihe



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