Das Ruhrgebiet als Text
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Die Formel zum Sturz der Welt haben wir nicht inBüchern gesucht, sondern auf Irrfahrten. |
Guy Debord |
Deutschlands
größte Stadt ist gar keine Stadt, zumindest verwaltungstechnisch bildet
sie keine Einheit. Der größte Ballungsraum des Landes mit seinen mehr
als 5 Millionen Einwohnern hat je nach Betrachtungsweise viele Zentren
oder keines. Auch seine Grenzen sind nicht klar definiert. Jedenfalls
handelt es sich beim Ruhrgebiet um die
exemplarische Stadtlandschaft der Moderne: zusammengewuchert nach den
Maßgaben von Bergbau & Schwerindustrie, weitestgehend ohne städtebauliches
Konzept – eine Stadt, die es vor der Industrialisierung nicht
gab & die sich nach dem Ende des Industriezeitalters neu erfinden
muß. Eine städteübergreifende Planung wurde nur zur Schadensbegrenzung
& in Krisenzeiten angestrebt, vom Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk,
der die Ansiedlung der nach dem 1. Weltkrieg benötigten Arbeitskräfte
in geordnete Bahnen lenken sollte bis zur Internationalen Bauausstellung
Emscher Park in den neunziger Jahren, die Konzepte kreierte für Reparaturen
an der geschundenen Landschaft.
Florian Neuners jahrelange literarische Auseinandersetzung mit dem Ruhrgebiet
– mit der gegenwärtigen Topographie, aber auch mit der Geschichte
dieses exemplarischen Stadtraums
Florian
Neuner, 1972 in Wels (Oberösterreich) geboren, lebt als Schriftsteller
und Journalist in Berlin. Seit 2007 gibt er die Zeitschrift Idiome.
Hefte für Neue Prosa heraus, die nach den Möglichkeiten einer zeitgenössischen
Prosa als Sprachkunst jenseits des marktgängigen Erzählens fragt. 2007
hat er den Prosaband Zitat Ende (Ritter Verlag, Klagenfurt)
veröffentlicht. Jüngste Auszeichnungen: Förderpreis zum Heimrad Bäcker
Preis 2009, Adalbert Stifter Stipendium 2009, Alfred Döblin Stipendium
2010. Gemeinsam mit Thomas Ernst hat er zwei Anthologien zur Literatur
des Ruhrgebeits herausgegeben: Europa erlesen: Ruhrgebiet
(Wieser Verlag, Klagenfurt 2009) und Das
Schwarze sind die Buchstaben. Das Ruhrgebiet in der Gegenwartsliteratur
(assoverlag, Oberhausen 2010).Florian
Neuner ist Teilnehmer von EMSCHERKUNST.2010, dem größten Kunstprojekt
der Kulturhauptstadt, für das er Texte geschrieben hat, die sich mit
den Territorien zwischen den eigentlichen Ausstellungsräumen beschäftigen.
Sein Fließtext Emscherpassage, wird Ende August im Katalog
der EMSCHERKUNST.2010, im Hatje Cantz Verlag, Ostfildern erscheinen.
Eine gekürzte Fassung liegt im Kurzführer zur Ausstellung bereits vor.